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Über den Herausgeber
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"(…) Alexander Scholz und seinem kleinen Verlag bestätigt dieser Communication Design Award, dass "Literatur als Gesamtkunstwerk verstanden werden sollte". High-Tech-Literatur nennt er es gern, wenn er von Multimedia-Büchern spricht, die sich nicht nur gut lesen und sehen, sondern gut hören und auch noch gut anfühlen lassen. Den Ideen sind dabei keine Grenzen gesetzt: Scholz wagt es zum Beispiel, in den Leineneinband des umstrittenen Buches „Yvette“ mit so hocherotischen wie stilvoll-eleganten Fotos von Thomas Karstens ein Loch zu stanzen, das eine DVD mit fünf passenden Kurzfilmen aufnimmt. Nicht immer gibt es den ausgefallenen Einfall. Doch stets setzt sich die edition GALERIE VEVAIS selbst ein Mindestmaß an bibliophiler Gestaltung: Während „Das malerische Werk“ des Karikaturisten OL an sich schon Käufer locken würde, ist dies für Alexander Scholz und sein Team kein Grund, die Mühen und Kosten für eine individuelle Prägung im Vorsatzblatt zu scheuen. Bücher sind für den Vevaiser Verlag eben in allererster Linie Gesamtkunstwerke. Schon diese heutzutage seltene Grundhaltung scheint Oskar-verdächtig."
Silke Müller, Märkische Oderzeitung
“You appear to be a volcano of creative activity!”
Very Best, Jock Sturges
„Mein Verleger! Das war eine sehr, sehr gute Idee. Ich danke Dir ... 1000 Dank für die schöne Zusammenarbeit."
Dein Konstantin Wecker
„So glad to have met you.“
Alvin Booth
“I love this book. I can tell a good book by its smell. When I took the plastic off the book and opened it, I was hit by the richness of the ink odor. I knew immediately that the printing was going to be great - and it is. Great photo books smell like they used enough ink to make the pictures rich!”
(…)
“Such care for the smallest and simplest detail is very rare in publishing today.”
John Wood
(…)
“I am SO IMPRESSED. I really am. I'm not trying to flatter you. The books you have made are wonderful examples of bookmaking. I LOVE THEM.”
John Wood
"(...)Wie erfrischend ist es, wenn Alexander Scholz vom Verlag edition GALERIE VEVAIS unverblümt davon spricht, dass es ihm um Ehrlichkeit in seinen Publikationen geht.“
Ronald Klein, LIBUS
„Alexander Scholz dichtet, malt, verlegt Bücher, übernimmt deren Gestaltung und im Kopf und auf der Seele liegen ihm viel mehr Projekte als durchführbar und finanzierbar sind ... „Ich bin eine Art Medienkünstler.“ Und es klingt wie Wir, da er sofort von gemeinsamer Arbeit mit anderen Künstlern quer durch alle Sparten berichtet."
Udo Tiffert in der Lausitzer Rundschau, Cottbus
„(...) Das Streben Scholz´und seiner vielfach preisgekrönten Mitstreiter aus den verschiedenen Künsten läuft darauf hinaus, „den Idealtypus eines gesellschaftsbewussten Menschen“ zu fördern - wie es vor einigen Jahrzehnten „Minotaure“, die Zeitschrift der Surrealisten, vormachte. Seither haben sich die künstlerischen Ausdrucksmittel, die es zu verschmelzen gilt, dank neuer Medien enorm zugenommen - Chancen für das Gesamtkunstwerk.. Nichtsdestotrotz muss auch der heutige Minotaurus wie das griechische Fabelwesen aus Stier und Mensch seine Kraft als Außenseiter verteidigen, (…) Die meisten von Vita und Talent her überaus interessanten Autoren sind selbst entdeckt und teilweise schon heute international gefragt (...)“
Anni Geisler, MOZ, 16.09.02
„(...) Der Verlag selbst ist ein Kleinod in der Kulturlandschaft Deutschlands. Der Architekt, Schriftsteller, Lyriker, Maler, Fotograf und Tausendsassa Alexander Scholz aus Vevais hat den Anspruch seines Verlages sehr hoch gesetzt. Er versammelt preisgekrönte Autoren, die durchweg Arbeiten anbieten, die kaum einer Schublade zuzuordnen sind. Sie passen nicht in die allgemeine Erwartungshaltung an Literatur, an gestaltetes, gebundenes Papier, die landläufig üblich ist. Keine Einmal-Literatur zum Lesen und Verborgen. Vielmehr können sich die Gäste davon überzeugen, dass Literatur genreübergreifend auch gestaltete Kunst sein kann (...)“
Silke Müller, MOZ, 13.09.02
"Mut muss man haben. Und Glück. Oder beides. Und Alexander Scholz heißen (...) Der heute 30-jährige Architekt, Maler, Fotograf und Autor hat in seinem Verlag Autoren, die durch die Bank preisgekrönt sind, und die sich wie Alexander Scholz selbst immer wieder an der Quadratur des Kreises versuchen: Bücher herausbringen, die mehr als nur zum Lesen gut sind. Es lohnt, sie anzusehen, immer wieder. Es lohnt sogar, zuzuhören, weil mittlerweise selbst CDs dazugehören. Die edition GALERIE VAVAIS versucht sich in Multimedia im besten Sinne des Wortes (...) „High-Tech-Literatur“ ist ein Begriff, den wir geprägt haben. Es ist eine Mischung aus Lyrik und Prosa und zugleich ein Verschnitt aus Cut Up und surrealer Lyrik und Prosa, Musik und Bildinstallation. Wir versuchen, alle künstlerischen Ausdrucksmittel zu verschmelzen, statt sie zu sezieren.“(...) Damit hat der Verlag bundesweit Erfolg. (...) Scholz gibt zu, dass ihn die Entwicklung seines Vorhabens, Literatur im Einklang von Inhalt und Form unter die Leute zu bringen, überholt hat. „Wir wollten gar keine Profis werden“, sagt Scholz., „Wir wurden einfach welche.“
MOZ, 19.08.02
„(…) Die letzte Dekade des ausklingenden Jahrtausends enthielt mehrerlei Wendepunkte: Gesellschaftspolitisch kam die Zeit einem Erdrutsch gleich. Die DDR und die sozialistische Staatengemeinschaft gingen mit alles anderem als wehenden Fahnen unter. Als Folge gestaltete sich eine bisweilen schwierige Umorientierung. Fortan dominierten Werbeversprechen, rasch wechselnde Moden, ein Überfluss an austauschbaren Wahrheiten und Bildern.
Der Markt sog gierig den Independent-Bereich auf. Während in der Film- und Musikbranche der Ausverkauf begann, tat sich auf dem Literatur-Sektor nichts. Pessimisten prophezeiten, dass das Internet mit seinen E-Books das bisherige Medium ablösen würde.
Alexander Scholz beeindruckten derartige Prognosen rein gar nicht. Die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, war ihm quasi angeboren. (…) Für den Verleger besitzt die Kraft und die Aussage des Textes oberste Priorität, aber ebenso wichtig ist der gemeinsame Blickwinkel. (…) Die Künstler im Verlag verbindet der gemeinsame Diskurs und der Glaube an die Verantwortung des Künstlers, dessen Wirken hier zur High-Tech-Literatur verschmilzt.
(…) Der Verlag funktioniert längst als Gruppe Gleichgesinnter, die einige der bedeutendsten Erneuerer der deutschen Sprache, des Theaters, Mediendesigns, der Musik und der bildenden Kunst vereinigt, und stellt somit zweifelsohne den schillernden Beweis dar, dass ein Verlag keine teuren Marketing- und Promotionaktionen braucht, um zum Literatur-Vorreiter zu werden. Qualität setzt sich eben durch, und das ist auch gut so!“
Lesart, Rangsdorf, 1/2004
"Der Buchmarkt kollabiert, trotzdem glauben Jungverleger unerschütterlich daran, dass jemand auf ihre Ideen wartet. Solange sie von den Veröffentlichungen nicht leben können, machen sie dieses und jenes. Zum Beispiel Ställe bauen.
Das mit dem erfüllten Traum und den schlaflosen Nächten ist geschenkt. Gehört halt dazu. Interessanter ist da schon, dass Leute um die 30 heute einen Verlag gründen und sagen: Ihre Generation lebt anders, also will sie auch andere Bücher lesen. Das lassen wir uns gern genauer erklären. (…) Stellen wir vorher schnell noch fest: Früher saßen Verleger beim Fototermin am Schreibtisch, standen vor dem Bücherregal, lehnten am Kamin. Was machen die Neulinge der Branche? Sieht so aus, als ob sie nichts zu tun haben mit solchen Traditionen.
„Ich gebe zu, ich bin ziemlich größenwahnsinnig“, sagt Alexander Scholz, Jahrgang 1971. Er denkt, er gehört nach London. Oder gleich nach New York. Wehender Mantel, Basecap, Sonnenbrille, er passt eigentlich nicht ins stille Oderbruch, direkt an der deutsch-polnischen Grenze. Er ist hier geboren und nach dem Studium zurückgekehrt. Der Rehe, des Geruchs der Erde und des Nieselregens wegen. Von Vevais aus, einem alten Hugenottendorf, arbeitet er mit seiner Edition GALERIE VAVAIS an der literarischen Revolte. Er sagt Sachen wie: „Ich habe nicht mehr als 20 Romane in meinem Leben zu Ende gelesen“, oder „wir sind nicht mit Büchern, sondern mit Musik groß geworden“. Punk, Rock, Social Beat, Underground, was es so gab in den 80ern und Anfang der 90er. Gute Liedtexte gleich gute Lyrik, meint Alexander Scholz. Verdichtete Sprache, poetische Brüche, verspielte Gedanken, wahre Gefühle, ironische Konter, so wurde er alphabetisiert. Seit den Robert-Altman-Filmen „Player“ (1992) und „Short Cuts“ (1993) sei spätestens klar, dass das Erzähl-Zeitalter vorbei ist. Die Bücher, die die Edition GALERIE VAVAIS macht, nennt Scholz missionarisch „High-Tech-Literatur“. Text pur, das war letztes Jahrhundert. Heute ist eine Mixtur aller Kunstmittel angesagt. Zur Lyrik oder Erzählung gibt’s edle Grafikdrucke, dazu am besten noch eine Musik-CD, und das alles in modernen Materialien präsentiert. Scholz probiert unentwegt. Mal steckt er Bücher in Tüten, mal beschichtet er Umschläge, damit sie metallisch glänzen, mal verausgabt er sich für aufwändige Prägungen. Einen Bildband gibt’s mit DVD, einen Lyrikband mit Hörspiel über den Autor. Alexander Scholz will Gesamtkunstwerke für Freaks machen, jenseits des Massengeschmacks.
Sein Foto im Wasser zitiert ein Leonard-Cohen-Album. Der Mann mit der Vorliebe für Referenzen an künstlerische Vorbilder wollte eigentlich Maler werden. Vater Bauunternehmer, Mutter Bauzeichnerin und Schulsekretärin, studierte er schließlich Architektur, verfasste ein Theaterstück, gewann einen Wettbewerb, verkaufte Kinokarten, lernte dabei seine Frau kennen, gründete eine Kunstzeitschrift, schrieb Gedichte und Kurzprosa, entwarf einen kleinen Holzmöbelkatalog und eröffnete nach seinem Abschluss an der TU Cottbus ein Architekturbüro. Als einziger von 50 Kommilitonen. „Die andern landeten in Ingenieurbüros, in Bauämtern oder sind arbeitslos.“ Am Tage entwirft er nun Milchviehanlagen, Turnhallen, Einfamilienhäuser. Am Bauen reizt ihn, dass er „soviel Werte durch die Gegend schieben kann“ und dass etwas Geld für die GALERIE VAVAIS übrig bleibt. Anfangs verlegte er vor allem die Idole seiner jungen Jahre, Sandow-Sänger Kai-Uwe Kohlschmidt mit Poetrypop, Zeichnungen von Maler Carsten Nicolai, ein Buch mit Ölbildern des Karikaturisten OL wird folgen. „Ich will von möglichst vielen etwas ganz Eigenes, ein Stück Original, ich bin sammelwütig.“ Schwerpunkt aber ist die Lyrik. William Blake, der englische Dichter, der malte, hat den Anfang der Klassikerreihe gemacht. William S. Burroughs ist jetzt dran, Heine, Rimbaud, Wilde sind fest eingeplant. Scholz nennt sie „Vorläufer der Hightech-Literatur“. Es seien schließlich auch Spracherneuerer gewesen. „Ernsthafte Ironie, das Spielen mit Zitaten aus anderen Bereichen, aber wiederum Ehrlichkeit, Verletzbarkeit über das ausgetrickste moralische Ich, das findet man bei ihnen auch schon«“ erklärt der Jungverleger sein Interesse an den literarischen Ahnen. Zwei Epochen später sind William Blakes „Zwischen Himmel & Hölle“ und Frank Bröker mit „Schwer verletzt“ seine Bestseller, für seine eigene Erzählung „Eisenbahn“ bekam er den Titel „Schönstes Buch 2002“. Die Typonauten aus Bremen, seine Haus-Grafiker, haben u.a. eine Zugankunft mit einem Schriftbild versinnbildlicht, das nach und nach immer schärfer wird. Manche Leser schütteln über so etwas oft verständnislos den Kopf, genauso wie über lyrisches Erzählen, frei von klassischer Handlung und Figurentableau. Scholz tröstet gern: „Wenn man am Abend nur eine Seite schafft, dann ist es das sicherste Zeichen, dass es sich um High-Tech-Literatur handelt.“
DAS MAGAZIN
Der Architekt Alexander Scholz entwirft nicht nur Häuser. Seine Kunstbände sind preisgekrönt
„ Er ist ungewöhnlich, er will aus den Rahmen fallen, dieser Alexander Scholz. Die exzentrischen Werke des 38 Jahre alten Künstlers sprechen für sich und über ihn. Da ist zum Beispiel dieses Haus in Eggersdorf bei Strausberg (Märkisch-Oderland). Ein auffälliger Kasten, modern, eckig, harte Kanten, ungewöhnliche Materialien. Am Giebel prangt ein großes Bild auf einer Aluminiumtafel, das badende Kinder zeigt. "Einmal kam eine Frau im Bademantel auf das Grundstück, weil sie dachte, hier ist ein Schwimmbad", sagt er. "Es ist unser Wohnhaus."
Abgedreht und ausgefallen
Der Mann, der am Tag vor dem Heiligen Abend 1971 geboren wurde, hat das Haus selbst entworfen. Scholz verdient sein Geld als Architekt. Und einen Teil davon gibt er gleich wieder aus, um Kunstwerke aus Papier zu erschaffen: Bücher.
Scholz ist seit zehn Jahren auch Verleger - und die Bücher sind mindestens so ausgefallen wie die Häuser. Ihm geht es nicht darum, den Massengeschmack zu bedienen. Die von ihm herausgegebenen Bücher sind abgedreht, aufwändig gestaltet, hergestellt aus teurem Papier. Sie sind auf besonderen Maschinen gedruckt und manchmal wie eine alte Gutenberg-Bibel gebunden. Sie erscheinen in so kleinen Auflagen, dass es fast Einzelstücke sind. Sie haben ihren Preis.
Trotzdem - oder gerade deshalb - ist Scholz so erfolgreich. Soeben wurde eines seiner Werke ausgezeichnet mit dem Deutschen Fotobuchpreis 2009 in Gold in der Kategorie Fotogeschichte. Das Buch heißt "Endurance and Suffering". Der Band zeigt Reproduktionen von Fotos aus der Zeit um 1890: Patienten mit Hautkrankheiten und ihre alten Krankengeschichten, dazu aktuelle Gedichte, die der preisgekrönte US- Autor John Wood für das verstörend-schöne Buch geschrieben hat.
Es ist so ungewöhnlich, wie das verrückt gestaltete Haus von Alexander Scholz. Auch dort scheint nichts zusammen zu passen. Da sind einerseits die edlen Bücher, wahre Feste klassischer Buchkunst. Anderseits ist ringsum alles hypermodern: Stahltreppen, Glasbausteine, eine Außenwand ist aus durchsichtigem Kunststoff, die Wand über dem Herd aus rostendem Stahlblech. Ein wilder Mix. "Ich liebe es ganz einfach, mit Materialen zu experimentieren: im Kleinen beim Büchermachen, im Großen als Architekt", sagt Scholz.
Lange experimentierte er auch am soeben ausgezeichneten Buch. Es erscheint in einer Mini-Auflage von 500 Stück, Preis je nach Ausstattung: 50 bis 450 Euro. "Anfangs waren die Bücher reine Liebhaberei", sagt er. Inzwischen bringen einige Titel sogar Gewinn. "Aber reich werden kann man damit nicht." Es gehe ihm nicht ums Geld, sagt er.
Scholz' Bücher sind Liebhaberstücke, zu Bestseller werden sie nie. Er freut sich einfach, wenn er die Werke zum dreifachen Preis im Antiquariat sieht. "Manchmal bin ich schon größenwahnsinnig", sagt er und lächelt. Sein Ziel sei simpel: Er will schöne Bücher herausgeben, möglichst die schönsten der Welt. Er ist ehrgeizig. Das Buch "Eisenbahn" mit einem von ihm verfassten Gedicht wählte die Stiftung Buchkunst 2002 zu den schönsten Büchern des Jahres. Auch fünf renommierte internationale Design-Preise zieren die Erfolgsbilanz.
Bei so vielen Auszeichnungen bleibt die Frage, warum er nicht in die USA geht, wo seine Bücher jetzt auch veröffentlicht werden. An dieser Stelle wird Scholz ganz bodenständig: "Ich würde nie allein gehen." Als das US-Geschäft anlief, wurde seine Tochter geboren. Sie ist drei Jahre alt, sein Sohn ein Jahr. "Ich könnte mich nicht von Frau und Kindern trennen." Er schaut sich um in seinem Haus. "Da kann hier alles noch so cool sein. Ein paar Urgefühle bleiben."
Zudem ist er Architekt, will weiter ausgefallene Wohnhäuser bauen, will alte Scheuen sanieren, Plattenbauschulen oder das denkmalgeschützte "Dammmeister-Ensemble" in Zollbrücke an der Oder. Zwar hat er drei Jahre in Dresden gelebt und in Cottbus sieben Jahre Architektur studiert, doch selbst Berlin reizt ihn nicht. Er ist in Wriezen geboren, der "Oderbruch-Hauptstadt", und seine Büros hat er bewusst ganz in der Nähe angesiedelt, im Dörfchen mit dem hugenottischen Namen Vevais. Deshalb heißt sein Verlag auch Galerie Vevais. "Da geht niemand freiwillig hin", sagt Scholz. "Ich bin zurückgekehrt aus Heimweh: die Rehe, die Oder, die Erde, der Himmel, die Maiskolben."
Er ist ein Mann der Gegensätze. Es gibt viele Leute, die Talente haben, doch oft verzetteln sie sich, schweifen ab und enden als "arme Künstler". Beim multitalentierten Scholz - der früher auch erfolgreich Theaterstücke schrieb - ist es anders. "Daran sind die Frauen schuld", erzählt der Sohn eines Bauunternehmers und einer Schulsekretärin. Eigentlich habe er Maler werden wollen. Doch seine Mutter bevorzugte etwas Solides und meldete ihn für ein Architekturstudium an. Er bestand die Aufnahmeprüfung und studierte. Später brachte ihn seine Frau dazu, es als ernsthafter Verleger zu versuchen. "Erst durch sie wurde es richtig professionell. Als ich sie kennenlernte, habe ich meine Bücher noch im Copy-Shop gemacht und billig verkauft."
Scholz lacht laut und spricht schnell. Er hat viele Ideen, für ungewöhnliche Häuser, für ungewöhnliche Bücher. Der Bau von Häusern, der "Bau" von Büchern - für Scholz hat sich der Kreis längst zum Guten geschlossen. Die Bücher, die er sich nur wegen seiner Einkünfte als Architekt leisten kann, helfen auch beim Verdienen des Geldes. "Ich entwerfe oft Häuser für Professoren oder Künstler: Die fühlen sich in der Wahl des Architekten bestätigt, wenn sie erfahren, dass ich für meine Bücher ausgezeichnet wurde."
Jens Blankennagel in der Berliner Zeitung
"Yvette" heißt die neueste Publikation, mit der sich der Kleinverlag "Edition GALERIE VEVAIS" aus dem Oderbruch auf der Leipziger Buchmesse präsentiert. Der Band mit Aktaufnahmen des Fotografen Thomas Karsten ist provokant, von beinahe perfekter Schönheit und vereint unterschiedliche Medien - Kriterien, die Scholz bei allen Veröffentlichungen als Maßstab angelegt hat. So gilt Karsten als Künstler, der sich mit seinen Sujets weit vorwagt. Und damit international Erfolg hat.
Dass die Bilder von einer Erzählung begleitet werden und dem Buch eine CD-Rom beiliegt, auf der Fotosequenzen nach Art eines digitalen Daumenkinos erlebbar sind, während dazu DJ-Musik läuft, folgt konsequent dem Konzept des Verlages. Der Verleger Alexander Scholz aus Vevais hat dafür ein Wort kreiert: High-Tech-Literatur.
"Bildende Kunst, Musik und Design werden dabei mit Literatur verwoben, wodurch ein ganzheitliches Produkt entsteht", so Scholz, der seit zehn Jahren mit vielen Medien experimentiert, und dabei mit so renommierten Künstlern wie dem ersten Träger des Kunstpreises des Landes Brandenburg, Hans Scheuerecker, dem Documenta-Künstler Carsten Nicolai sowie dem Berliner Cartoonisten OL zusammen gearbeitet hat.
Aus Papier, Plastik und viel Phantasie werden Erlebniswelten in Auflagen bis 3000 Stück geschaffen. Ein Erfolg: Die Stiftung Buchkunst hat den Band "Eisenbahn" zu einem der schönsten Bücher Deutschlands im Jahr 2002 erklärt. Reich wird Scholz dadurch nicht: "Der Verlag hat bei jedem Exemplar 50 Cent draufgelegt." Sein Idealismus sei aber die einzige Chance fürs Weitermachen - die Sinnlichkeit der Buchgestaltung soll zum Lesen verführen. Nicht zuletzt imponiert das Künstlerkollegen - demnächst wird Konstantin Wecker Heines "Deutschland - Ein Wintermärchen" für Scholz einlesen."
Jörg Zimmermann in der Märkischen Oderzeitung
„Dieses Buch ist so ganz anders als man es erwartet. Zeigen Fotobildbände häufig großformatig schöne Bilder, so gehen diese Fotos unter die Haut. Mit seinen Fotografien und Gedichten vereint das Buch die zwei Arbeitsbereiche des bekannten Professors für Geschichte der Fotografie und des mehrfach ausgezeichneten amerikanischen Poeten John Wood. Die Idee zur Gestaltung des Buches stammt von Architekt Alexander Scholz. Er hat mit seiner "Galerie Vevais" den Bildband herausgegeben, der vor einer Woche in Stuttgart Sieger des Deutschen Fotobuchpreises 2009 wurde. (…) Unsere heutige Gesellschaft hält sich allzu oft für unverletzlich, meint Alexander Scholz. Dabei sei sie es bei Weitem nicht. "Der jetzige Bankenskandal zeigt ihre Verwundbarkeit, aber auch Kriege oder Krankheiten wie Aids", sagt er. In einer Welt, in der alles nach äußerer Schönheit strebt, zeige er mit diesem Buch die andere Seite, die verletzbare Seite (…) "Eigentlich eine verrückte Idee, Gedichte über Hautkrankheiten zu schreiben", so Alexander Scholz. "Die medizinischen Bilder und Informationen werden mit den Gedichten und dem Bildband zur Kunst erhoben", sagt Alexander Scholz.
Ebenso aufwändig wie früher medizinische Fachbücher oder Atlanten mit kunstvollen Stichen bebildert waren, hat er den Fotoband ausgestattet. "Das waren früher richtige Kunstwerke", sagt er. "Das Buch sollte besonders schön werden, weil wir ja etwas scheinbar Hässliches verpacken." … Es sind nur wenige Bücher, die Alexander Scholz jährlich mit seinem Verlag "Galerie Vevais" herausgibt, maximal drei im Jahr, und diese auch immer öfter für den internationalen Markt (…) "Wir verfolgen das Konzept, dass wir einige der wundervollsten Bücher der Welt machen wollen", so Scholz. Viele seiner Bücher haben bereits internationale Design-Preise gewonnen. (…)“
MOZ, 5. November 08
"(…) Energiegeladen wirkt Alexander Scholz, aber auch getrieben. (…) Vor zehn Jahren gründete er seinen eigenen Verlag, nannte ihn „Galerie Vevais“ und brachte seit dem ein paar Dutzend Bucher, CDs und DVDs heraus. „Alles keine Verkaufsschlager“, wie er mit einem Lachen sagt. Und doch gewinnen sie Preis um Preis. (…) Gedruckt und gebunden werden die Bücher fast ausschließlich in Leipzig. (…) Nur wenige beherrschen die Technik und das handwerkliche Können, um das um zu setzen, was Alexander Scholz fordert. (…) Intensiv lässt Scholz sich auf jeden Autor und Künstler ein, studiert andere Ausgaben von ihm und Originalmanuskripte, um dann ein neues Buch zu entwerfen. (…) Was ihn ärgert ist der „Kultur-Kapitalismus“. „Die Meinungsfreiheit wird davon beeinflusst, wohin das Kapital fließt. Wenn ein Buch nicht von einem Großhändler vertrieben wird, kann man es nicht bei „Thalia“ kaufen.“ Für einen Euro Druckkosten müsse man noch einmal 10 bis 100 Euro Marketingkosten hinlegen, nur dann habe man die Chance auf einen Bestseller. Alexander Scholz nennt das eine „Konsumschlacht“, bei der das Kulturgut Buch „flöten“ gehe und Werke zu Bestsellern würden, die es nicht verdient hätten. Ein Verleger wie er kann diese Schlacht nicht gewinnen – dazu fehlen ihm die Mittel.
Seine Kunden jedoch schauen nicht auf Bestsellerlisten. (…)
Noch vor seinem Architekturstudium hat Scholz Theaterstücke geschrieben. (…) „Wenn man selbst schreibt, will man auch verlegen“, sagt er. „Mich hat immer geärgert, wie das Erzeugnis aussieht. Ich bin Architekt, ich überlege mir ständig, wie es etwas aussehen und funktionieren muss. Man kann sich morgens nur einmal waschen, dann aber mit der Seife, die ich mir aussuche. Unser Leben ist zu kurz, um es mit Halbherzigkeiten zu verbringen. (…)“
Cornelia Hendrich in der Märkischen Oderzeitung
„(…) Er selbst habe eigentlich immer Maler werden wollen. Noch vor seinem Studium schreibt Scholz Theaterstücke, die später in Dresden aufgeführt werden. In Cottbus lernt er seine Frau Babett kennen, die ihn dazu bringt, es als ernsthafter Verleger zu versuchen und seine eigenen Werke zu veröffentlichen. "Bis dahin hatte ich meine Bücher noch im Copy-Shop gemacht." Seine Frau treibt ihn an, ist sein Motor, solange, bis der eigene Verlag entsteht.
Die Publikationen haben vor allem ein Merkmal: Sie sind anders, es sind Kostbarkeiten für Bibliophile und Kunstliebhaber, Meisterwerke der klassischen Buchkunst. Die Materialien für die Herstellung wählt Scholz sorgfältig aus. Das Papier ist hochwertig, einzelne Seiten verziert. Einige Bücher werden in wertvolles Hochland-Ziegenleder eingebunden. Die Auflagen sind klein, manche Bücher gibt es sogar nur als Einzelstücke.
Fünf renommierte internationale Design-Preise hat Scholz mit seinen Büchern bisher abgeräumt. (…) Obwohl er in Dresden und Cottbus gelebt hat, wollte Scholz nie weg aus dem Oderbruch. "Ich bin aus Heimweh zurückgekehrt: Die Rehe, die Oder, die Erde, das alles habe ich sehr vermisst als ich nicht hier war." Sentimental sei er, sagt Scholz, und fest mit seiner Heimat, dem Oderbruch verwachsen, auch wenn sich die Menschen der Region mit Veränderungen nur schwer arrangieren könnten. (…)
Seinem Motto, Träume auch zu leben und nicht nur über sie zu sprechen, ist Alexander Scholz bis heute treu geblieben."
Märkische Oderzeitung
Vor einigen Jahren hast Du das MINOTAURUS-Magazin herausgegeben. Eine Publikation, die es heute nicht mehr gibt. Daraus hat sich der Verlag entwickelt, der innerhalb weniger Jahre herausragende Veröffentlichungen hervorgebracht hat. Wie verlief die Entwicklung?
Angefangen hat alles vor ca. 10 Jahren. Wir haben uns damals als die „Wendekinder“ gesehen. Im Alter von 18 Jahren träumt man von großen Dingen, und wir hatten tatsächlich durch die Öffnung der Mauer großartige Chancen für eine ideelle Weiterentwicklung auf der Grundlage sehr humanistischer Ideale; dass diese einmal im Zwiespalt mit finanziellen Hürden oder sogar existentiellen Ängsten einhergehen würden, konnten wir nicht ahnen. Ein Glücksfall führte dann dazu, dass Dresden, initiiert durch Professor Rohmer, der Skripte über Umwege von mir bekam, uns sehr viel Geld für Theaterproduktionen zur Verfügung stellte. Wir mussten schnell lernen, professionell zu werden und Boxkämpfe auszustehen. Heute denke ich, dass wir noch ein wenig zu jung waren, um die Potentiale voll auszuschöpfen.
Die Bekanntschaft zu vielen jungen Künstlern hat dann den Wunsch reifen lassen, unter dem Titel der 1. Theaterproduktion MINOTAURUS eine Publikation vorzulegen. Damals boomte das Internet, aber wir sahen uns nicht reif genug, dieser Herausforderung technisch und designtechnisch standzuhalten. Mit dem klassischen Druckerzeugnis hatten wir ein paar Erfahrungen, und Bücher oder Zines schienen uns als geeignetes Medium, da ja sowieso jeder junge Autor von einem Buch, egal wie schlecht es gemacht ist, träumt. Mein erster professioneller Verleger, der mir auch zeigte, wie es funktionieren könnte, übernahm das Projekt MINOTAURUS und schon waren wir im Rennen. Qualitativ wollten wir aber mehr – schickes Papier, tollen Druck, kleine Sonderbeilagen, Originaldrucke etc.. Was wir jedoch finanziell schaffen konnten, stand immer entgegen meinen Wünschen. Alle waren glücklich, Autoren, Mitstreiter, Freunde und vermeintliche Freunde, wir wurden mit Lob überschüttet, nur ich wurde mit jedem Produkt unglücklicher. Diese produkttechnische Diskrepanz ging einher mit den Lobrufen der Kollegen und den Ansprüchen der Autoren, die wir druckten, am Ende ging es nur noch darum, dass die Autoren irgendwo gedruckt werden. Sie fingen an zu drängeln und ließen uns nicht die Zeit, alles zu professionalisieren. Das dritte Heft im inzwischen 4. Jahr führte dann sogar zum Bruch mit manchen Autoren und Institutionen, weil wir die Diskrepanzen innerhalb eines schlecht vermarkteten Undergroundliteraturmarktes offen legten und deshalb teilweise sehr, sehr gute Lyrik neben den Schmuddel von billigen Pornofotos packten. Das hat dann keiner mehr verstanden. Die sich für etabliert haltenden Autoren beschimpften mich, und die Undergroundheros fanden das zu intellektuell. Am Ende wurde den Leuten das Kunstheft auch noch zu teuer. Deshalb wird es MINOTAURUS als Heft oder vielmehr Buch nicht mehr geben.
Die Bezeichnung "Wendekinder" ist hoch interessant und treffend. Konzept und Programm vereinen "Macher" - abseits von Ideologien, Dogmen und Inhaltslosigkeit. Ein Lebensgefühl, das nach der Wende sehr aktuell war. Der Bestseller "Zonenkinder" geht darauf kaum ein. Jana Hensel schildert die Wende-Generation als unsicher und angepasst. Hast Du das Buch gelesen?
Nein. Durch DAS MAGAZIN habe ich auch viel mit Herrn Thieme über diese Erscheinungen gesprochen. Generell hatte ich nie Zugang zu dieser Art von Literatur. Mich haben auch schon die Lebensläufe der STASI-Generäle etc. genervt, da sie wenig mit Literatur als denn mit einer Abhandlung zu tun haben; dazu hat es nach der Wende viel zu viel Neues auf einmal gegeben: Bukowski, die Surrealisten, den Taschen-Verlag, sexuelle Wenden etc.. Man muss es trotzdem respektieren. Verlage haben heutzutage keine Wahl, sie machen, was die Leute lesen wollen, dieser Fakt muss einem immer wieder in den Kopf schießen, wenn man darüber nachdenkt, wie sehr die Marktstrategien in den einzelnen Sparten auseinanderlaufen. Andersherum hat die Unterhaltungsindustrie natürlich gewisse Ansprüche gezüchtet, indem sie die Presse, Rezensenten und Kulturkritiker gleich mit gezüchtet hat. Der Kunde merkt gar nicht, wie sehr er da um sein eigenes Gefühl betrogen wird und Konsument geworden ist. Ich kann jedoch, wie erwähnt, eine Wertigkeit nicht abstreiten. Jedoch muss man beachten, dass selbst geringe Altersunterschiede von zehn Jahren (z.B. bei meinem Bruder) schon zu Generationsdifferenzen durch die Wende führen. Gar nicht zu denken an Bekannte, die gleich nach der Wende arbeitslos oder in den Vorruhestand geschickt wurden. Ich würde sogar soweit gehen, dass da auch schon 5 Jahre Altersdifferenz ausreichen, wenn ich meinen Neffen oder unsere Azubis sehe. Es gibt so viele Gefühlsunterschiede und Sichtweisen, dass es mit Sicherheit noch gerecht ist, jetzt nach 10 Jahren Bücher dieser Art zu publizieren. Ich denke jedoch absolut nicht, dass die Wendegeneration angepasst und unsicher ist. Sie ist aus der Unsicherheit zu Glanzleistungen befähigt worden, und das, egal welchem Alter sie angehört. Im Osten wohnt die größte Kraft seit den 60ern, und diese Kraft hat nicht Ignoranz sondern Respekt, auch manchmal blindes Vertrauen zur Triebkraft. Meine größte Hoffnung dabei war und bleibt, dass ein Stückchen dieser ausnutzbaren Freundlichkeit zu einem generellen Umdenken führt, dass wir die Lehrer sind.
War die Wendezeit und das "anything goes" für Dich auch eine Inititialzündung?
„Anything goes“ hat es für mich nie gegeben. Eher das „Nothing goes“, wenn man keine Kohle hat. Es war eher die geistige Freiheit, nicht weil es das Grundgesetz erlaubt, man denke nur an Chaplin, der aus Amerika als Kommunist verwiesen wurde, sondern weil das Angebot an Meinungen auf einmal da und erlaubt war. Heute habe ich das Gefühl, dass ich durch Leere gefestigt war, auf einmal hörte nach der Wende die Moderne nicht bei den Impressionisten auf. Das war etwas ganz großes und bestürzendes, erschreckendes und zugleich umwerfendes, als ich in Köln und Düsseldorf z.B. durch die Museen und Galerien streifte. Da brach für mich meine Welt auseinander und fügte sich vollkommen neu zusammen. Und bis heute ist mir noch nicht bewusst, wie frei man denken kann, was alles erlaubt ist; das verdanke ich der Wende. Es ist möglich alles zu schaffen, das Bild bis zur Vollendung zu treiben, die Möglichkeiten existieren; und das unabhängig von der Politik, die ein einzelner Staat vertritt.
Du hast eben Verständnis für die Verlagsprogramme geäußert, die nach den vermeintlichen Interessen der Menschen veröffentlichen, also kommerziell agieren. MINOTAURAUS geht aber diese faulen Kompromisse ein...
Was heißt Verständnis für kommerzielle Ausrichtung!? Es gibt einerseits Dinge von Wert, die kommerziell erfolgreich sind, das muss man akzeptieren, und das ist auch für die Künstler besser, wenn sie in der entsprechenden Größenordnung betreut werden können. Andererseits wird, um diese Größe zu gewährleisten, viel Schund mit verkauft und Gutes verschachert, insofern sind die Großen nicht besser als kleine, pornografische Verlage, haha, alles hat mit der Fragestellung nach der eigenen Identität zu tun. Dem gegenüber sind aber auch manche Kleinverlage nicht besser, wenn sie das Gute mit schlechten Layouts verschandeln oder noch schlimmer, denjenigen verlegen, der das nötige Kleingeld mitbringt. Es gibt selbst im etablierten Kunstbereich Verlage, die Geld nehmen, ohne das es jemand weiß, und die auch noch Auszeichnungen für ihr Engagement erhalten. In der Geschichte hat es immer Pioniere für das Neue gegeben. Sie sind die, die mich treiben, vor denen ich immer großen Respekt hatte und an denen sich die Geschichte aufgerichtet hat. Es ist die Triebkraft, Projekte ohne kommerzielle Ausrichtung mit hoher Professionalität zu vollenden. Es ist die Hoffnung, dass neben dem Fachpublikum irgendwann der Suchende, der oder die, denkt, dass in der Literatur etwas fehlt, zu uns stößt, wie der Musikliebhaber, der auf der Suche nach Exklusivem im Kaufhaus oder im normalen CD-Geschäft nicht fündig wird.
Gerade die Musikszene macht uns da Hoffnung, heute muss ich auch zugeben, dass alle Anfänge bei uns etwas mit dem Mut der kleinen Independentlabel der 90er zu tun haben. Sie waren Ansporn, vor allem auch aus der Professionalität, wie sie die kleinen Platten und CDs liebevoll, exklusiv verpackten und sich sogar Vertriebe herausbildeten. Bei Büchern ist es schwieriger, außer sehr wenigen sehr, sehr kleinen Vertrieben gab es da keine sich durchsetzenden Erscheinungen. Musik lässt sich eben besser verkaufen. Aus diesem Grund haben sich auch die Hauptströmungen bei uns herauskristallisiert: anspruchsvolle, doch kurzweilige Texte in den jeweiligen Reihen, die toll mit Fotos, Grafiken verpackt sind. Etwas für die Brusttasche beim Warten auf den Bus, aber auch für den Buchliebhaber, der Wert auf Haptik und Einzigartigkeit legt. Gleichzeitig ähnlich den Booklets bei den CDs aber Bücher, neuerdings auch mit CD-Beilagen. Ein Geheimrezept gibt es nicht, aber die Tendenzen der Versuche aus den letzten Jahren zeigen sehenswerte Resultate.
Dein Verlagsprogramm vereint eine Vielzahl namhafter Autoren. Zu vielen hast du bereits seit vielen Jahren ein freundschaftliches Verhältnis, das eben deutlich über das normale Verleger-Autor-Verhältnis hinausgeht.
Die Autoren kamen früher zum MINOTAURUS-Magazin. Der Verlag selbst nimmt keine Autoren im traditionellen Sinne auf. Inzwischen ist es bei uns so wie bei den etablierten Verlagen. Wir müssen alles abweisen, was uns angeboten wird, es sei denn, ich, und später meine stillen Mitstreiter im Hintergrund, sind so überzeugt, dass ich ein erstes Gespräch mit einem vermeintlich neuen Autor wage. So war es zum Beispiel mit Kai Grehn, der in die vom Verlag gepflegte Sprachkultur passte. Generell sind die Verpflichtungen gegenüber unseren Autoren so stark, dass es schwer wird, den Erwartungen gerecht zu werden. Der Verlag wuchs mit den Autoren, manche bereicherten das gestellte Programm, manche wurden mit uns groß, das heißt, dass unser Name und Know How sie nach oben brachte und eine Gegenseitigkeit beide Parteien förderte. Manche große Namen wollten wir auch im Programm haben, weil in ihrem Werk der Ursprung mancher kultureller Entwicklungen begründet liegt, und manche etablierte Künstler helfen dem Verlag und den Autoren, weil ihr Name einige Türen öffnet.
Generell sehe ich den Verlag als Familie, und hier ist der Layouter, der Illustrator genauso wichtig wie der Drucker und natürlich der Autor. Ich bin stolz, dass ich sagen kann, dass ich fast alle Künstler als Freunde bezeichnen kann, auch untereinander pflegen die Autoren des Verlages wichtige Gespräche, obwohl sie sich erst durch die Verlagsaktivitäten kennen lernten. Der Verlag ist so etwas wie das Ventil geworden, Leute mit gleichen künstlerischen Ambitionen und Ansichten zusammen zu führen. Alle sind überzeugt, so auch einen Teil Geschichte zu füllen. Besonders spannend wird es immer dann, wenn ich den Autoren nach meinem Ermessen einen Illustrator zuweise. Das funktioniert meistens so, dass ich dem Künstler, mit dem ich liebäugle, ein Manuskript gebe und seinen Output abwarte. Bis jetzt war es immer fantastisch, wie die unterschiedlichen Charaktere dann aufeinandertrafen, erst telefonisch, dann auf Lesungen, Messen oder Ausstellungen. Bis jetzt hatten wir immer ein glückliches Händchen, zuletzt mit Anne Manzek, ein smartes Geschöpf mit feinem Strich, das den Punker Frank Bröker in der Neuausgabe von Schwer Verletzt unterstützte oder mit einem Cottbuser Goldschmied, der sehr gern Geschichten in seinen Schmuckstücken erzählt und nun die Neuausgabe der zwielichtigen Geschichten der Katze von Rainer Wedler beleuchtet.
Du vertrittst in meinen Augen den Künstlertypus der Renaissance: Architektur, Malerei, Literatur, Fotografie, Theater...Wie vereinst Du die Vielzahl von Begabungen?
Das ist alles eine Frage der Sichtweise. Es gibt Leute, die sind so vorsichtig, dass sie sich nicht trauen, etwas in die Hand zu nehmen, Entscheidungen zu treffen. Es gibt auch Leute auf der Überholspur, die sind so genial, dass sie da auch hingehören. Ich sehe mich eher als Träumer und in jedem Projekt entsteht ein Teil des Puzzles. Als Architekt baue ich teilweise große Werke, von deren Dimension manch Plastiker träumt. Das Malen ist die Probe zu den großen Dimensionen, deshalb wurde der Pinselstrich als Symbol von Lichtenstein ein Leitbild. Gleichzeitig geben bautechnische Strukturen die Idee zu den Ordnungen in den anderen Projekten und so weiter. Beim Schreiben habe ich irgendwann gemerkt, dass irgendetwas fehlt, beim Malen ging es nicht ums Malen, sondern um das Muster, und die Bauherren lassen oft nicht genügend kreativen Spielraum, also muss man alle Sparten beackern. Ich sehe es als Gesellschaftsbewusstsein zu einem Gesamtwerk. Die Renaissance hat das schon vorgemacht.
Außerdem schaffst Du es, in Deinen Arbeiten als Künstler und Verleger gekonnt die Begriffe Underground und Mainstream außer acht zu lassen und Dich auf die Qualität zu konzentrieren.
Den Under- wie den Overground kann man in dieselbe Schublade stecken. Die Strukturen sind in beiden gleich, da niemand selbstlos an einem Projekt, an einem Bild, einer Vision arbeitet. Der Underground, der uns mal als Aushänger feierte, beschimpft uns als ziellos, nicht revolutionär und zu clean. Im Overground wurde der Independent erst in der Musik, derzeit in der Filmbranche verheizt. Werte sind unabhängig davon, ob man damit viel Geld verdient oder in alten Schuhen spaziert. Leute, die Etiketten brauchen, können das nicht verstehen, die sind so verbohrt, dass sie die Augen vor dem Interessanten verschließen.
Etiketten und Schubladen sind nach wie vor gebräuchlich. Leider auch die Klischees in gesellschaftlichen Fragen. Du hast lange in Cottbus gelebt und arbeitest nun von Vevais aus. Wie erlebst Du die unterschiedlichen kulturellen Identitäten in Deutschland?
Es ist, wie erwähnt, erstaunlich, wie sehr diese Diskussion im Gange ist. Erst letztens haben wir lange am Telefon mit den Typonauten, jungen Menschen aus dem Westen, die unsere Bücher gestalten, gesprochen. Für mich bleibt dabei am erstaunlichsten, dass sie meine Intuitionen von Oberfläche, Wert etc. so genial umsetzen, dass wir stundenlang über Papier und Altes sprechen können, was ich mit manchem „Ossi“ nicht kann. Im Gegenzug habe ich durch meine Bauherren hauptsächlich Kontakte zu den „Ossis“. Bestürzend ist, dass auf beiden Seiten Unsicherheit herrscht, aber dass diese Unsicherheit zur Zeit größer im Osten ist und der „Wessi“ gelassener bleibt. Dass hat mit der Erziehung zum Kampf zu tun. Es hat auch mit Enthaltsamkeit zu tun, da ist der „Wessi“, obwohl der „Ossi“ immer der Meinung war, aus Dreck Schlösser zu bauen, viel flexibler, er hat einfach gelernt, damit zu leben, dass man alles kann und zugleich nicht. Die „Ossis“ sind dem zum Opfer gefallen. Der Rausch hat sie gepackt, Größenwahn gegenüber den Dingen, ohne sie zu hinterfragen, ohne die Identität zu klären.
Nach Vevais bin ich nach Berlin, Dresden oder Cottbus zurückgekehrt, weil nur meine Wurzeln mich befähigen, freier zu denken. Die Städte sperren mich ein. In Vevais gibt es Felder, getrocknete Büsche, ein kleines Fließ hinter dem Haus, Hühner; ich bin da näher am Leben. Manche brauchen die Anonymität und die Angebote der Stadt, um frei zu sein, die habe ich genossen, aber war wie im Gefängnis.
Lass uns abschließend über Deinen letzten Erfolg sprechen. Dein „Eisenbahn“-Buch ist zu einem der „Schönsten Bücher 2002“ gewählt worden.
Diese Prämierung ist für den Verlag eine der wichtigsten Auszeichnungen, die es zu erringen galt, weil wir so der Öffentlichkeit zeigen konnten, dass die Eigensinnigkeit des Programms, der Gestaltung und der Aufmachung offiziell anerkannt wird. Der einstige Undergroundverlag mit den einzigartigen Ideen an Inhalt und Aufmachung ist so über die Schallgrenze geschritten.
Gestaltet haben das Buch die Typonauten aus Bremen, die auch einige alte Titel für die Neuauflagen überarbeiten. „Eisenbahn“ schien wie geeignet, alles was mich und die Typonauten verbanden, in eigener Form umzusetzen. Da es mein eigener Text und meine Fotos waren, bestand auch absolute Freiheit, wir mussten nicht Autor oder Illustrator fragen, was sie davon halten, obwohl uns inzwischen alle Autoren vertrauen, meinen Experimenten offen gegenüberstehen und sie ihren Text deshalb aus der Hand geben, um ihn in die richtige Verpackung zu stecken. Was ja auch nicht immer leicht ist, denn der Verlag strebt an, das Layout am Text zu orientieren und nicht den Text in eine Reihe zu pressen.
Auf alle Fälle wurde uns recht gegeben. Neben den vielen Preisen und Anerkennungen für die Texte der Autoren sind wir so im Besitz der Trophäe für die „Verpackung“.
Die Arbeit mit den Typonauten ist spannend, es gibt Inputs von unserer Seite, ganz konkrete Vorstellungen und sie wandeln alles. Es ist ein künstlerisches Verhältnis, wir müssen nicht über Grundsätzlichkeiten diskutieren, wir akzeptieren unsere gegenseitigen Stärken, Schwächen und Doktrinen sowie deren Zerstörung. Der Verlag erhält mit ihnen einen neuen Anstrich, der das Alte unserer Layouts jedoch nicht negiert, sondern ergänzt.
Lieber Alexander, herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!
Download Interview für das LIBUS Magazin, Berlin
Download Porträt in `Das Magazin´, Berlin
Download Artikel: Ekel und Schönheit, MOZ, 5. November 2008
www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0112/brandenburg/0008/
www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/129237
www4.moz.de/index.php/Moz/Article/category/Seelow/id/81325
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